Gotthold Ephraim Lessing Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück

 

 

 

Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück ist ein Lustpiel in fünf Aufzügen von Gotthold Ephraim Lessing. Das Stück wurde 1767 fertiggestellt, seine Ausarbeitung begann jedoch schon im Jahre 1763. Lessing gab als Entstehungsdatum auf dem Titelblatt offiziell das Jahr 1763 an. Bearbeitet von Max Erben, Köln. Das Fräulein notwendig als Dialogpartnerin am Ende der Szene.

 

 

 

RICCAUT. Ik versteh. - Mademoiselle parle français? Mais sans doute; telle que je la vois! - La demande était bien impolie; Vous me pardonnerez, Mademoiselle. -

 

 

 

(FRÄULEIN. Mein Herr - RICCAUT. Nit? Sie sprek nit Französisch, Ihro Gnad? FRÄULEIN. Mein Herr, in Frankreich würde ich es zu sprechen suchen. Aber warum hier? Ich höre ja, daß Sie mich verstehen, mein Herr. Und ich, mein Herr, werde Sie gewiß auch verstehen; sprechen Sie, wie es Ihnen beliebt.)

 

 

 

RICCAUT. Gutt, gutt! Ik kann auk mik auf Deutsch explizier. - Sachez donc, Mademoiselle, - Ihro Gnad soll also wiß, daß ik komm von die Tafel bei der Minister - Minister von – Minister von - wie heiß der Minister da drauß? - in der lange Straß? - auf die breite Platz? -

 

 

 

Nun, die Minister von der Kriegsdepartement. - Da haben ik zu Mittag gespeisen; - ik speisen à l'ordinaire bei ihm, - und da iß man gekommen reden auf der Major Tellheim; et le ministre m'a dit en confidence, Seine Exzellenz, will ik sag, haben mir vertrau, daß die Sak von unserm Major sei auf den Point zu enden, und gutt zu enden. Er habe gemakt ein Rapport an den Könik, und der Könik habe darauf resolvier, tout-à-fait en faveur du Major.

 

Er hat mir au reste versiker, wenn der Major nit schon bekommen habe une lettre de la main - eine Könikliken Handbrief, daß er heut infailliblement müsse bekommen einen.

 

 

 

(DAS FRÄULEIN. Gewiß, mein Herr, diese Nachricht wird der: Major von Tellheim höchst angenehm sein. Ich wünschte nur ihm den Freund zugleich mit Namen nennen zu können, der so viel Anteil an seinem Glücke nimmt -)

 

 

 

Mein Namen wünscht Ihro Gnad? - Vous voyez en moi - Ihro Gnad seh in mik le Chevalier Riccaut de la Marlinière, Seigneur de Pret-au-Val, de la branche de Prensd'or. - Ihro Gnad steh verwundert, mik aus so ein groß, groß Familie zu hören, qui est veritablement du sang royal. - Il faut le dire je suis sans doute le cadet le plus aventureux, que la maison a jamais eu - Ik dien von meiner elfte Jahr. Ein Affaire d'honneur makte mik fliehen. Darauf haben ik gedienet Seiner Päpstliken Eilikheit, der Republik St. Marino, der Kron Polen, und den Staaten-General, bis ik endlik bin worden gezogen hierher. Ah, Mademoiselle, que je voudrais n'avoir jamais vu ce pays-là. Hätte man mik gelaß im Dienst von den Staaten-General, so müßt ik nun sein aufs wenikst Oberst. Aber so hier immer und ewik Capitaine geblieben, und nun gar sein ein abgedankte Capitaine -

 

 

 

(FRÄULEIN. Das ist viel Unglück.)

 

 

 

RICCAUT. Oui, Mademoiselle, me voilà reformé, et par-là mis sur le pavé!

 

 

 

Nein, man kenn sik hier nit auf den Verdienst. Einen Mann, wie mik, su reformier! Einen Mann, der sik nok dasu in diesem Dienst hat ruinier! - Ik haben dabei sugesetzt, mehr als swansik tausend livres. Was hab ik nun? Tranchons le mot, je n'ai pas le sou, et me voilà exactement vis-à-vis du rien. -

 

 

 

Aber wie man pfleg zu sagen: ein jeder Unglück schlepp nak sik seine Bruder; qu'un malheur ne vient jamais seul: so mit mir arrivir. Was ein Honnête-homme von mein Extraction kann anders haben für Ressource, als das Spiel? Nun hab ik immer gespielen mit Glück, so lang ik hatte nit vonnöten der Glück. Nun ik ihr hätte vonnöten, Mademoiselle, je joue avec un guignon, qui surpasse toute croyance. Seit funfsehn Tag iß vergangen keine, wo sie mik nit hab gesprenkt. Nok gestern hab sie mik gesprenkt dreimal. Je sais bien, qu'il y avait quelque chose de plus que le jeu. Car parmi mes pontes se trouvaient certaines dames - Ik will niks weiter sag. Man muß sein galant gegen die Damen. Sie haben auk mik heut invitir, mir su geben revanche; mais - Vous m'entendez, Mademoisèlle - Man muß erst wiß, wovon leben; ehe man haben kann, wovon su spielen.

 

 

 

FRÄULEIN. Ich will nicht hoffen, mein Herr -

 

 

 

R.: Vous êtes bien bonne, Mademoiselle -

 

 

 

FRÄULEIN. Gut! - Mein Herr, ich höre, - daß Sie spielen; dass Sie Bank machen; ohne Zweifel an Orten, wo etwas zu gewinnen ist. Ich muß Ihnen bekennen, daß ich - gleichfalls das Spiel sehr liebe, -

 

 

 

R.: Tant mieux, Mademoiselle, tant mieux! Tous les gens d'esprit aiment le jeu à la fureur.

 

 

 

FRÄULEIN. Daß ich sehr gern gewinne; sehr gern mein Geld mit einem Manne wage, der - zu spielen weiß. - Wären Sie wohl geneigt, mein Herr, mich in Gesellschaft zu nehmen? mir einen Anteil an Ihrer Bank zu gönnen?

 

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R.: Comment, Mademoiselle, Vous voulez être de moitié avec moi? De tout mon coeur.

 

 

 

FRÄULEIN. Vors erste, nur mit einer Kleinigkeit -

 

 

 

R.: Ah, Mademoiselle, que Vous êtes charmante! -

 

 

 

FRÄULEIN. Hier habe ich, was ich unlängst gewonnen; nur zehn Pistolen - ich muß mich zwar schämen, so wenig -

 

 

 

RICCAUT. Donnez toujours, Mademoiselle, donnez. Nimmt es]

 

 

 

FRÄULEIN. Ohne Zweifel, daß Ihre Bank, mein Herr, sehr ansehnlich ist -

 

 

 

RICCAUT. Ja wohl, sehr ansehnlik. Sehn Pistol? Ihr Gnad soll sein dafür interessir bei meiner Bank auf ein Dreiteil, pour tiers. Swar auf ein Dreiteil sollen sein - etwas mehr. Dok mit einer schöne Dame muß man es nehmen nit so genau. Ik gratulier mik, su kommen dadurk in liaison mit Ihro Gnad, et de ce moment je recommence à bien augurer de ma fortune.

 

 

 

FRÄULEIN. Ich kann aber nicht dabei sein, wenn Sie spielen mein Herr.

 

 

 

RICCAUT. Was brauk Ihro Gnad dabei su sein? Wir andern Spieler sind ehrlike Leut untereinander.

 

 

 

FRÄULEIN. Wenn wir glücklich sind, mein Herr, so werden Sie mir meinen Anteil schon bringen. Verteidigen Sie unser Geld daher ja wohl, mein Herr.

 

 

 

RICCAUT. Wofür seh mik Ihro Gnad an? Für eine Einfaltspinse? für ein dumme Teuf?

 

 

 

FRÄULEIN. Verzeihen Sie mir -

 

 

 

RICCAUT. Je suis des bons, Mademoiselle. Savez-vous ce que cela veut dire? Ik bin von die Ausgelernt -

 

 

 

FRÄULEIN. Aber doch wohl, mein Herr

 

 

 

RICCAUT. Je sais monter un coup -

 

 

 

FRÄULEIN verwundert. Sollten Sie?

 

 

 

RICCAUT. je file la carte avec une adresse -

 

 

 

FRÄULEIN. Nimmermehr!

 

 

 

RICCAUT. Je fais sauter la coupe avec une dextérité -

 

 

 

FRÄULEIN. Sie werden doch nicht, mein Herr?

 

 

 

RICCAUT. Was nit? Ihro Gnad, was nit? Donnez-moi un pigeon à plumer, et-

 

 

 

FRÄULEIN. Falsch spielen? betrügen?

 

 

 

R.: Comment, Mademoiselle? Vous appellez cela betrügen? Corriger la fortune, l'enchaîner sous ses doigts, être sûr de son fait, das nenn die Deutsch betrugen? Betrügenl O, was ist die deutsch Sprak für ein arm Sprak! für ein plump Sprak!

 

 

 

FRÄULEIN. Nein, mein Herr, wenn Sie so denken -

 

 

 

RICCAUT. Laissez-moi faire, Mademoiselle, und sein Sie ruhik. Was gehn Sie an, wie ik spiel? - Gnug, morgen entweder sehn mik wieder Ihro Gnad mit hundert Pistol, oder seh mik wieder gar nit – Votre très humble, Mademoiselle, votre très humble –

 

 

 

[eilends ab. ]